Markenstrategie: Die Zutaten für den dauerhaften Erfolg der Mega-Brands
Nur wenige Unternehmen und Produkte bestehen den Test der Zeit und bleiben über Jahrzehnte relevant. Hier sind die drei Superzutaten für starke Marken, die Krisen, Kriege und jede kreative Zerstörung überstehen.
Zutat 1: Konsistenz
Zunächst einmal: Ohne Produkte und Dienstleistungen, die die Erwartungen der Kunden erfüllen, geht nichts. Das ist die Basis jeder starken Marke. Doch um zu wachsen und langfristig sichtbar zu bleiben, kommt es dann auf den richtigen Auftritt an – und dabei vor allem auf Wiedererkennbarkeit und Beständigkeit. Beispiel Coca-Cola: Während sich der Schriftzug in den letzten 100 Jahren immer wieder verändert hat, ist das ikonische rot-weiße Farbschema unverändert geblieben. Menschen auf der ganzen Welt erkennen Coca-Cola auf den ersten Blick. Hinzu kommt ein nahezu unverändertes Kernprodukt. Als 1985 mit der „New Coke“ die Geschmacksformel erneuert werden sollte, liefen die Konsumenten Sturm – und eines der größten Desaster der Werbegeschichte nahm seinen Lauf. Coca-Cola ruderte zurück und hat seither daraus gelernt.
Oder nehmen wir Apple. Das Unternehmen verfolgt eine konsequente Markenstrategie, die auf Einfachheit und Eleganz setzt. Das zeigt sich im minimalistischen Produktdesign, in der eleganten Werbung und im schlanken Ladenlayout. Jedes Apple-Produkt ist allein an seiner Formensprache erkennbar, unabhängig von Logo oder Farbgebung. Daran hält Apple seit Jahrzehnten fest. Auch Nike und McDonald’s sind Beispiele für Marken, die ihre Kernbotschaften und ihre visuelle Identität über einen langen Zeitraum beibehalten und konsistent kommunizieren.
Derlei Beständigkeit schafft Vertrauen und steigert langfristig die Markenbekanntheit. Ist es Zeit für Relaunches und Anpassungen, braucht es das richtige Fingerspitzengefühl für die Gewohnheiten und Erwartungen der Kundschaft.
Doch Konsistenz reicht nicht aus, wenn man über Jahrzehnte als Marke relevant bleiben will. Es braucht zusätzlich die emotionale Bindung zum Publikum.
Zutat 2: Emotionale Verbindung
Wie erzeugen Marken Sympathie und Bindung? Beispielsweise indem sie eine Erzählung über den Zweck und die Vision des Unternehmens verbreiten. Wie Patagonia, ein Unternehmen für Outdoor-Ausrüstung. Diese „Purpose-Brand“ zieht ihre Kunden magisch an, indem sie ihr Engagement für ökologische Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung überbetont. Das Unternehmen informiert über die Umweltauswirkungen seiner Produkte und ermutigt seine Kunden, ihre Ausrüstung so zu pflegen, dass sie möglichst lange hält. Die Käufer “fühlen”, dass sie das Richtige tun. Sie schützen die Welt, die sie entdecken wollen.
Ein vergleichbares Gefühl von Gemeinschaft oder Zugehörigkeit zu einem (zugegebenermaßen ganz anderen) Lebensstil rund um Freiheit und Rebellion erzeugt der Motorradhersteller Harley-Davidson. Das Unternehmen organisiert regelmäßig Veranstaltungen, bei denen sich Harley-Besitzer zusammenfinden und ihre Leidenschaft für die Marke teilen. Es heißt, dass die Mitarbeiter von Harley-Davidson den größten Teil ihrer Arbeitszeit direkt mit ihren Kunden auf der Straße verbringen. Das schafft ein Gefühl der Kameradschaft, das ankommt und die nostalgische Marke lebendig hält. Nach schwierigen Zeiten sind die Verkäufe 2021 verglichen zum Vorjahr um satte 30% gestiegen, das Unternehmen ist wieder in der Gewinnzone.
Während die Harley-Fans eher rustikal unterwegs sind, setzt Mercedes-Benz auf ein luxuriöses und hochwertiges Markenimage („Das Beste oder nichts“). Dabei pflegt die Marke ihr Erbe als Automobilpionier und betont ihr Engagement für Sicherheit und Spitzentechnologie. Ein individuelles Kundenerlebnis entsteht durch die unendlichen Konfigurationsmöglichkeiten der Fahrzeuge und den Zugang zu exklusiven Events und Concierge-Services, die Exklusivität vermitteln. So ist Mercedes-Benz auch 2022 wieder zur wertvollsten Luxus-Automobilmarke der Welt geworden. Und als einzige europäische Marke in den Top 10 von Interbrands „Best Global Brands“-Ranking gelandet – allen Weltkrisen und Lieferkettenproblemen zum Trotz.
Doch Personalisierung braucht nicht immer komplexe Konfiguratoren, technische Spielereien und teure Produkte. Es geht auch einfacher, wie Starbucks beweist. Dass der Vorname des Kunden im Laden handschriftlich (!) auf den Kaffeebecher notiert wird, löst die Anonymität im hektischen To-Go-Alltag auf und stellt eine menschliche Verbindung zur Marke her. Nötig sind dafür nur Filzstift und Pappbecher. Ein Geniestreich!
Doch was tun, wenn sich Märkte radikal verändern? Hier kommt die Superzutat Nummer drei ins Spiel.
Zutat 3: Anpassungsfähigkeit
Marken müssen mit der Zeit gehen, sonst verlieren sie ihre Relevanz. Die gleichen Rezepte funktionieren nicht ewig. Alle oben genannten Beispiele haben ihre Strategien im Laufe der Jahre immer wieder angepasst. Sie haben Markttrends und Konsumentenverhalten analysiert und daraus die richtigen Schlüsse für ihre Produkte und Dienstleistungen gezogen. So auch Adidas und Netflix.
Adidas gilt als zweitgrößter Sportartikelhersteller der Welt und ist als Teil des Wirtschaftswunders tief in der alten Bundesrepublik verwurzelt. Trotzdem wirkt das Unternehmen mit seinen Produkten stets am Puls der Zeit. Wie ist das möglich? In den letzten Jahrzehnten, als sich der Markt insgesamt in Richtung Streetwear und Mode bewegte und die Branche sich komplett neu erfinden musste, passte adidas seine Strategie an und begann, modischer und trendige Produkte zu entwickeln. Bekannte Designer und Prominente wie Kanye West (bis 2022!) und Pharrell Williams arbeiteten mit der Marke zusammen. Das Unternehmen stellt zunehmend limitierte und exklusive Produkte her, setzt verstärkt auf den Direktvertrieb – und investiert massiv in die Digitalisierung. Das betrifft nicht nur die Webseite, sondern auch den Herstellungsprozess etwa mittels 3D-Druck. Die Produkte sollen künftig vegan, recycelbar und biologisch abbaubar sein. All das hilft Adidas, angesagt und relevant zu bleiben.
Netflix hingegen begann als DVD-Verleih per Post, bei dem keine Gebühren für die verspätete Rückgabe der Medien anfielen. Gründer Reed Hastings hatte nur darauf gewartet, dass Breitband und Rechenleistung endlich Streaming ermöglichen und physische Datenträger der kreativen Zerstörung zum Opfer fallen. Für den Konkurrenten Blockbuster, damals die führende Videothekenkette in den USA, war das der Anfang vom Ende. Netflix hingegen startete durch und begann als erster echter Streaming-Anbieter sofort mit der Produktion eigener Inhalte. Mit dieser Strategie konnte sich Netflix zunächst von anderen Pay-TV-Diensten abheben und eine große Zahl von Abonnenten gewinnen. Als die Pandemie ausbrach, hielt Netflix die Zuschauer mit interaktiven Features bei der Stange – etwa mit der Serie „Black Mirror: Bandersnatch“ oder dem Spuk-Special „Escape the Undertaker“.
Fazit
Das sind die Zutaten für eine langfristig erfolgreiche Markenstrategie: Unternehmen setzen auf ein einheitliches, wiedererkennbares Erscheinungsbild, verbinden sich emotional mit ihren Kunden und passen sich neuen Trends schnell an, ohne ihre eigene Identität aufzugeben. Jedes Unternehmen muss daraus die für sich passende Rezeptur mischen. Gelingt dies, kann es mit seinen Produkten und Dienstleistungen den Alltag von Millionen Menschen über Jahrzehnte prägen. Es wird zu einer der begehrten Mega-Brands.
Weiterführende Literatur:
Callies, Sebastian: Deutungshoheit. Die Muster der Meinungsmacher. 2020
Miller, Donald: Building A StoryBrand: Clarify Your Message So Customers Will Listen. 2020
Ries, Al; Trout, Jack: Positioning: Wie Marken und Unternehmen in übersättigten Märkten überleben. 2012